Sie löst Erdbeben aus, treibt junge Leute in die Wahlkabinen und bricht jeden erdenklichen Rekord der Musikwelt: Taylor Swift ist nicht nur bei Spotify die Nummer 1 der erfolgreichsten Musiker*innen der Welt. Neben ihren offensichtlichen Skills als begnadete Songwriterin macht Taylor Swift aber auch in Sachen Marketing einiges richtig.
Aufgewachsen auf einer Weihnachtsbaum-Farm in Wyomissing, Pennsylvania, wurde Swift in den 00er Jahren vor allem mit handzahmen und auch zuckersüßen Country bekannt. Gerade in den USA waren schon die ersten Alben ein Riesenerfolg, so richtig eskalierte das Ganze dann aber bei Swifts Zuwendung zu mehr Pop-Appeal.
Mit dem Erscheinen des Albums “Red” und Songs wie “We Are Never Getting Back Together” im Jahr 2012 war dann der Weg für noch größere Bühnen offen. Gefühlt Tausend Alben und Sounds später ist ‘Taytay’ nun unübertroffen & die Miss Americana für Abermillionen von Swifties. Und das eben nicht nur wegen ihrer Musik.
Wir werfen einen Blick auf vier Faktoren, die ihr Marketing so unschlagbar machen.
PERSONAL BRANDING: All too well
Von anderen Pop-Ikonen wie Ariana Grande, Beyoncé oder Lady Gaga unterscheidet Taylor Swift vor allem ein großes Buzzword: Authentizität. Oder um im Marketing-Sprech zu bleiben: Taylor Swift ist die unangefochtene Meisterin des Personal Brandings.
Statt als überhöhte Kunstfigur mit absurden Kostümen, mysteriösen Auftritten und einem abgehobenen Verhalten aufzufallen, bleibt Taylor Swift immer das ‘nette Mädchen von nebenan’. Und das auch noch als Milliardärin. Das Resultat ist klar: Statt einer bewundernswerten, aber meilenweit entfernten Pop-Ikone steht mit Swift immer noch gefühlt eine Freundin auf der größten Bühne der Welt.
Viele verstehen den Hype bei so viel unscheinbarer Alltäglichkeit nicht, die Millionen Swifties fühlen sich gerade dank dieses Identifikationspotentials aber komplett abgeholt. Mit (scheinbar) ungestellten Einblicken in das Familienleben im Hause Swift inklusive Mama-Tochter-Beziehung und der großen Katzenliebe bekommen Fans das Gefühl, Swift zumindest bis zu einem gewissen Maß zu kennen.
Dokumentationen wie die große Netflix-Produktion “Miss Americana” verstärken diesen Eindruck noch, in dem Swift selbst aus nächster Nähe grundsympathisch herüberkommt. Dass Swift weder die außergewöhnlichste Ausnahmesängerin noch die selbstbewussteste Tänzerin ist, wird da schnell zur Nebensache.
Was davon jetzt bewusste Inszenierung ist und was einfach die ‘echte’ Taylor Swift, die sich für keine Industrie verbiegen lässt? Das wissen weder Fans noch Kritiker*innen zu 100%. Im Influencer-Zeitalter ist dieser echte Charme aber Gold wert. Doch das ist nicht der einzige Schachzug.
ALBUM-PROMO: Look What You Made Her Do
Wer vom großen Skandal um Musikmanager Scooter Braun, Swifts Albenrechte und Swift selbst noch nichts mitbekommen hat – einfach mal googlen. Als Antwort auf den großen Rechtstreit setzt Swift jedoch ein in der gesamten Musikgeschichte einzigartiges Mega-Projekt um: Alle Alben vom Debüt bis zum 2017er-Release “Reputation” nimmt Swift noch einmal auf und veröffentlicht diese neu. Mit allen Rechten bei ihr. Und als (Taylor’s Version) klar deklariert.
Auf diesen Neuaufnahmen klingt Swift teils entsprechend älter als im Original und es gibt dezente Sound-Anpassungen, außerdem gibt es jeweils Bonustracks aus der ‘From the Vault’-Reihe. Sonst sind es jedoch die gleichen Alben – doch die Swifties bringen diese Versionen selbstverständlich auch Jahre nach Original-Release wieder ganz nach oben.
Dabei wird ein Taylor-Swift-Release aber auch bis ins kleinste Detail vorbereitet und zelebriert. Mit kleinen, für das Non-Swiftie-Auge vollkommen irrelevante Hinweisen in Musikvideos, Social-Media-Postings oder Interviews teasert Swift Veröffentlichungen teils Jahre früher an. Das Rätselraten um die nächsten Produktionen ist zum großen Kult geworden. In Nischen-Genres ist so eine Strategie bei Bands wie Tool längst bekannt – doch im Pop bleibt diese liebevolle Hingabe um einen Release einzigartig.
Für die Fanbase ist das Entschlüsseln der nächsten Botschaft – beispielsweise einem virtuellen Tresor, der die Tracklist des nächsten Albums andeutet – der Adventskalender zum nächsten Release. Gamification im Musiksektor spielt niemand so wie Swift und ihr Team.
Nur logisch dass dann auch die Bescherung nicht ausbleibt: Wenn Swift von ihrem Album “Midnights” 12 verschiedene Vinyl-Versionen veröffentlicht, die zusammengelegt eine große Uhr ergeben, kaufen die Fans. Und so legt Swift mit ihren längst erschienenen Songs in der (Taylor’s Version) Spotify und Schallplattenpresswerke lahm.
FAN-SERVICE IN PERSON: So It's gonna be forever
Aber: Swift bietet ihren Fans bei all der Kaufbereitschaft auch das Maximum zurück. Von der Interaktion bei Social Media über Fan-exklusive Listening Sessions bis zu kleinen Zuwendungen bei großen Stadienkonzerten, bleibt Swift scheinbar nie unerreichbar. Und sogar im Werk der Künstlerin selbst haben die Fans Mitspracherecht.
Bestes Beispiel dafür: Dem großen Fan-Liebling “All Too Well” vom ersten Pop-Album “Red” spendierte Swift bei der (Taylor’s Version) eine ganz besondere Erweiterung. Für die Storytelling-Lyrics des Songs wünschten sich die Fans seit Jahren eine Fortsetzung. Und die sollten sie bei der Neuaufnahme dann auch wirklich bekommen.
Very long story short: Der dabei entstandene 10-minütige Song “All Too Well (10 Minute Version)” stieg auf Platz 1 der Billboard-Charts ein und ist damit der längste Song ever, der diesen Platz erreichen konnte. Das zugehörige Musikvideo und auch der Song selbst sammelten zusätzlich die renommiertesten Preise der Industrie ein – und das im TikTok-Zeitalter. Und das ist nur eins von zahllosen Beispielen aus einer Diskographie, die so eng wie keine mit den Fans verbunden ist.
SOCIAL ENGAGEMENT: You Need To Calm Down
In Zeiten von immer raueren politischen Tönen hat Taylor Swift sich in den letzten Jahren immer wieder positioniert. Dafür machte sie sich – passend zu ihrem Image – keine drastischen Gesten oder radikalen Statements zum Gebrauch, ihren Standpunkt machte sie dennoch klar. Und wir leben nun mal in Zeiten, in denen selbst scheinbar harmlose Tracks wie der Queer-Ally-Song “You Need To Calm Down” oder die Empowerment-Hymne “The Man” provozieren und anecken.
Über die Hinweise in ihrer Kunst hinaus rief Swift ihre Fans außerdem des Öfteren ganz offen dazu auf, gegen die Republikaner*innen und auch ganz explizit Donald Trump zu wählen. Ein mutiger Schritt, insbesondere angesichts ihrer eingangs sehr konservativen Fanbase aus Country-Jahren. Auch den rauen Tonfall in den USA darf man dabei nicht vergessen. Selbst als weiße Frau mit Saubermann-Image sorgte ihre Positionierung für viele Hass-Kampagnen in den rechten TV- und Radiosendern des Landes.
Und die Fans folgen ihr natürlich. Eine Plattform, die genutzt wird.
FAZIT: Das Non-Plus-Ultra
Man kann Swifts Musik langweilig finden, die Statistiken ihres Privatjet-Betriebs kritisieren oder auch einfach komplett desinteressiert an diesem Phänomen sein – doch was Taylor Swift geschaffen hat, ist sowohl musikalisch als auch in Marketing-Sicht einzigartig. Und ein bisschen können sich wohl alle von diesem Hype abgucken.
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