Gendern ist mittlerweile zum gängigen Konfliktpunkt auf allen Social Media-Kanälen geworden. Mittlerweile ist das Konzept bereits so bekannt, dass sich Unternehmen mit einem (Nicht-)Verwenden deutlich im Debatten-Raum positionieren.
Angenommen, ihr wollt gerne Gendern – aber eben auch wirksames SEO aufbauen. Kommen diese beiden Faktoren besser miteinander aus als die Für- und Gegenstimmen der Debatte? Oder hat Google genau so viel Lust auf Sternchen & co wie die CSU?
Wir haben uns das Phänomen Gendern aus Online-Marketing-Sicht angeschaut, Hintergründe erklärt und zu guter Letzt proaktive Tipps für eine sinnvolle Umsetzung gesammelt.
In der deutschen Sprache gibt es das generische Maskulinum. Das bedeutet, dass bei Gruppen- oder Einzelpersonen die Zuschreibung immer zuerst männlich betitelt wird.
Nehmen wir zur Anschauung mal das Beispiel des Musikers. Sprechen wir von einer Gruppe von Menschen, die Musik machen, dann reden wir von “den Musikern”. Gemeint sind dabei – zumindest laut Grammatik – alle Geschlechter.
Diverse psycholinguistische Studien haben aber längst bewiesen, dass dies nur bedingt in den Köpfen der Sprechenden und Angesprochenen so ankommt. Ob “Musiker”, “Ärzte” oder “Lehrer” – die zugehörigen Personen werden zu einer überwiegenden Mehrheit eben doch als männlich imaginiert.
Erst mit der weiblichen Endung -in werden Frauen explizit erwähnt. Als Lösung darauf wurden bislang häufig ungelenke Doppelnennungen genutzt, also “Musikerinnen und Musiker”.
In Punkto Diversität reicht das aber nur bedingt aus, denn es umschließt keine non-binären Personen. Damit sind all jene Menschen gemeint, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zugehörig fühlen.
Spätestens 2018 ist mit dem Geschlechtseintrag “divers” sogar eine quasi gesetzliche Vorgabe dazu geschaffen worden, auch jene Personengruppe anzusprechen. Neue Ideen müssen also her – die Diskussion ums Gendern betritt die Bühne.
Gendern ist nicht gleich Gendern. Denn es gibt sprachlich ganz unterschiedliche Wege, das generische Maskulinum zu umschiffen. Die folgenden gehören dabei zu den gängigeren Versionen:
Form: Aus Musiker wird Musiker*in oder im Plural Musiker*innen.
Idee: Das Sternchen soll explizit auf die Gendervielfalt hinweisen und eben nicht unauffällig sein.
Form: Aus Musiker wird Musiker:in oder im Plural Musiker:innen.
Idee: Der Doppelpunkt fällt im Schriftbild weniger auf und soll angeblich für Screenreader für Menschen mit Sehbehinderung besser lesbar sein. Letzteres wurde mittlerweile aber widerlegt.
Form: Aus Musiker wird Käufer und Käuferin oder im Plural Käufer und Käuferinnen
Idee: Mit dieser Form stößt man auch bei kritischen Stimmen auf weniger Widerstand, da sie sich sehr in der gängigen Grammatik eingliedert. Jedoch werden auch hier keine non-binären Personen inkludiert – und die konsequente Nennung zieht den Text deutlich in die Länge.
Form: Aus Musiker wird im Plural “Musikschaffende”
Idee: Durch diese Umschreibung kann das Genus, also das grammatikalische Geschlecht völlig vermieden werden.
Form: Aus Musiker wird “Kreativkopf”
Idee: Durch die Anpassung fällt das Gendern nahezu völlig weg und fällt gleichzeitig weniger auf.
Im besten Fall gendert ihr natürlich aus Überzeugung. Denn weiterhin werden non-binäre Personen durch unsere Sprache exkludiert – eine Diskriminierung, die sich auch im sonstigen gesellschaftlichen Zusammenleben fortsetzt. Aber auch aus Marketing-Sicht ergibt das Gendern durchaus Sinn.
Als zuständige Fachkraft für Content-Produktion triffst du im Zweifel die Entscheidungen, wie mit derartigen Situationen umgegangen wird. Natürlich ist dabei selbst den eifrigsten Verfechter*innen des Genderns klar, dass eine zu häufige Verwendung des Sternchens, Doppelpunkts oder Doppelnennung irgendwann den Lesefluss zerstört.
Dafür gibt es deswegen ein paar ziemlich gute Tricks, um etwas Abwechslung in euer Gender-Game zu bringen.
Sprich deine Leser*innen direkt an.
Beispiel: Als Besitzer*in eines Blogs verfügst du über das technische Know-how.
Lösung: Du verfügst dank deines Blogs über das technische Know-how.
Verwende Attributivsätze und Verallgemeinerungen
Beispiel: Käufer und Käufer*innen können sich beim Newsletter anmelden.
Lösung: Alle, die ein Produkt kaufen, können sich beim Newsletter anmelden.
Verstecke die männliche Form
Aktuell lohnt sich das generische Maskulinum noch für SEO. Aber das heißt nicht, dass ihr unbedingt eure gesamten Texte in dieser Art verfassen müsst. Wenn ihr die Alt-Texte von Bildern, die Meta-Beschreibung oder die URL mit dieser Version schreibt, habt ihr Google schonmal auf die richtige Fährte gelockt.
Nutze den Plural
Beispiel: Der Lehrer / Die Lehrerin hält den Unterricht.
Lösung: Lehrer*innen halten den Unterricht.
Fokussiere dich auf die Leistung, nicht auf die Person
Beispiel: Der Webdesigner / Die Webdesigner*in ist eure Kontaktperson.
Lösung: Die Fachkraft im Webdesign ist eure Kontaktperson.
Schlage bei geschicktgendern.de nach
Hier findest du zu einer Vielzahl von Begriffen die entsprechende gegenderte Alternative. Einfacher geht’s nicht!
Und nun zum großen Thema im Online-Marketing: Wie gut passen SEO und Gendern zusammen? Nun, dazu gibt es – je nach Gender-Version – ganz unterschiedliche Ergebnisse und Ansätze.
Fakt 1: Bis jetzt googlen die wenigsten gegendert. Das merkt Google natürlich und zeigt dementsprechend auch weniger Suchergebnisse an, die in gegenderter Form verfasst sind. Websites im generischen Maskulinum werden deswegen deutlich bevorzugt. Aber: Google lernt sehr schnell. Und da es mittlerweile nicht so aussieht, als wäre das Gendern schnell wieder vergessen, könnte sich dieser Zustand auch schnell ändern.
Fakt 2: Die gegenderte Version, die bisher am besten funktioniert, ist der Doppelpunkt. Hier steckt sogar eine echte Chance für Content-Writer*innen, denn sie funktioniert häufig sowohl für männliche als auch für weibliche Keywords. Zudem ist sie deutlich besser lesbar als die Doppelnennung und außerdem inklusiver, was sie zu einem echten Brett für SEO-Fans macht.
Fakt 3: Die Website Boosting sprach Google in ihrer Ausgabe #69 explizit auf das Thema an. Google selbst antwortete, dass aktuell nichts Proaktives bezüglich Genderns unternommen werde – das heißt, der Algorithmus wird am Ende entscheiden, ob gegenderte Webseitentexte künftig genauso gut ranken wie die in klassischer Sprache.
Auch wenn Google da bisher noch nicht ganz Feuer und Flamme ist, sollten sich Unternehmen nicht vom Gendern abbringen lassen – zumindest nicht, wenn sie auch hinter der Aussage des Genderns stehen. Denn zum einen ist die Mischung aus Inkludierung, Image-Aufbesserung und Zielgruppen-Erweiterung ziemlich schick. Und zum anderen locken die vielen Tipps und Alternativen mit einer Schreibweise, die nichts an Lesefluss einbüßen muss.
Und wenn wir dem Algorithmus noch etwas Zeit lassen, kommt er wie von selbst darauf, auch beim Gendern mitzumachen.
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