Von den starren Strukturen, die die Gesellschaft viele Jahrzehnte maßgeblich geprägt haben, verabschieden sich immer mehr Menschen. Weg vom Formatradio, Fernsehprogramm und dem 9-to-5-Job, hin zu Spotify, Netflix – und Coworking Spaces. Denn genau dort fühlen sich plötzlich alle Freelancer besonders wohl. Warum eigentlich?
Erstmal alle erdenklichen Steine ins Rollen bringen, um aus dem klassischen Großraumbüro ausbrechen zu können, nur um kurz darauf sogar Geld dafür zu bezahlen, wieder mit anderen Menschen vor den Schreibtischen eingepfercht zu sein. Da soll mal einer die Leute aus der Medien-, PR- oder Technikbranche verstehen. Wobei genau hier ja auch irgendwie der Knackpunkt liegt. Denn nicht nur die althergebrachte 40-Stunden-Woche, bei der alle Hand in Hand um halb 9 kommen, um 12 zusammen in der Kantine hocken und um 17 Uhr das Büro abschließen, hat langsam ausgedient.
Immer mehr Sektoren basieren mittlerweile mehr und mehr auf selbstständiger Arbeit, die Nachfrage nach flexiblen Arbeitsmodellen ist auf Seiten der Arbeitgeber*innen und -nehmer*innen immens. Nur sitzen ebensolche Freelancer dann plötzlich in den eigenen vier Wänden. Und wer in Corona selbst Bekanntschaft mit langen Phasen von Home Office gemacht hat, weiß, dass auch das auf Dauer durchaus ein Frustrationspotential entsteht.
Schließlich gleicht das Arbeiten mit der verheißungsvollen eigenen Couch im Blickfeld einem minütlichen Kräftemessen mit dem inneren Schweinehund (wir wissen alle, wer gewinnen wird) und zudem ist auch für die Psyche eine räumliche Trennung von Zuhause und Arbeit von großer Wichtigkeit. Und ein wenig vermisst man die Kaffeepausen mit den Kolleg*innen dann ja auch noch. Wer nicht genügend Geld für ein eigenes Büro aufbringen kann, musste sich bisher meist einfach mit diesem Zustand arrangieren, doch mittlerweile sprießt die Rettung so schnell aus dem Boden wie die E-Roller-Firmen.
In Coworking Spaces können junge Gründer*innen, Freiberufler*innen jeder Art oder andere digitale Nomaden Arbeitsplätze oder Büros mieten – jedoch nicht fix und langfristig, sondern ganz flexibel. Aber – ganz wichtig – im Selbstverständnis sehen sich die Coworking Spaces nicht wie eine Zweck-WG, die Mietersparnisse verspricht, sondern als Community, die sich unterstützt und soziale Kontakte für private und geschäftliche Zusammenschlüsse verspricht. Hippies im Business?
Also nochmal: Interessierte können sich Arbeitsplätze flexibel nach Bedarf mieten, dürfen sich in einer offenen Atmosphäre vor Ort dann mit den anderen Anwesenden austauschen – und natürlich trotzdem an den eigenen Projekten arbeiten. Wie es sich für einen Business-Hipster-Hype gehört, stehen natürlich auch in den Coworking Spaces oft Kicker oder Tischtennisplatten, Obst und Kaffee gehen sowieso aufs Haus – wie überleben Start-Up-Gründer*innen auch ohne?
Am Schreibtisch steht euch mit Rollcontainer, Regal und Flipcharts die Grundausstattung zur Verfügung, auf gutes WLAN, Drucker und Scanner dürft ihr ebenfalls zählen. Je nach Nachfrage muss man sich für einen solchen Arbeitsplatz jedoch erstmal bewerben, da meist möglichst heterogene Arbeitsgruppen gewünscht sind. Klingt ja schon wieder ziemlich anstrengend, das Ganze. Doch Coworking Spaces lohnen sich tatsächlich in vielerlei Hinsicht.
Natürlich steht das Networking auch ganz oben auf der Liste der Vorteile der Coworking Spaces. Wer sich etwas an den Socialising-Aktivitäten der Räumlichkeiten beteiligt, findet Inspiration und Geschäftspartner*innen. Und dafür muss man weder auf jeder Messe pseudo-ungezwungene Gespräche anfangen, noch hochlobende Social-Media-Kommentare streuen – beim gemeinsamen Mittagessen entwickelt sich hier alles ganz natürlich.
Apropos Natur: Die profitiert von dem gemeinsam genutzten Material natürlich auch sehr. Da die Coworking Spaces meist sehr zentral liegen, sind sie zudem gut erreichbar und punkten dennoch mit einer viel günstigeren Finanzierung als ein gemieteter Büroraum. Wer noch etwas mit all der fremden Gesellschaft um den eigenen Schreibtisch fremdelt, darf sich zum einen über Schnupperangebote freuen und zum anderen über private Bereiche nachdenken, die zwar etwas teurer sind, aber sogar ein eigenes, abschließbares, festes Büro versprechen. Wenn dann doch die sozialen Pferde mit einem durchgehen, warten die spannenden Kolleg*innen ja direkt auf dem Flur.
Ganz klar – zwingen sollte sich niemand zu den Coworking Spaces. Gerade jene, die besser in ruhiger Umgebung arbeiten, werden diese neuen Räume ähnlich meiden wie die Kö am Wochenende. Für introvertierte Menschen oder jene, die gerne den ganzen Tagesverlauf geplant haben, stellt die Kommunikationshürde eine nicht gerade unbedeutende Problematik dar. Hinzu kommt – trotz all der Angebote sind Coworking Spaces natürlich trotzdem teurer als das schlichte Home Office und somit am Ende oft auch eine Kostenfrage.
Haben sich die letzten drei Minuten angefühlt wie der schönste Tagtraum? Jetzt könnt ihr es kaum noch erwarten, selbst in so einen Melting Pot der Freelancer reinzuhüpfen? Dann dürft ihr euch freuen, denn mittlerweile öffnen die Coworking Spaces nicht mehr nur in den üblichen Metropolen, sondern auch diversen Kleinstädten. Im Ruhrgebiet zum Beispiel sind besonders die 9 WorkInn-Einrichtungen beliebt, aber auch ausgefallenere Orte wie das Unperfekthaus in Essen oder das Hülswerk in Marl locken immer mehr Leute an. Wozu also noch groß im Home Office versauern?
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