Schon lange vor der globalen Pandemie war das Thema Clubsterben in der Kulturbranche groß. Darüber hinaus herrschte vor allem Schulterzucken. Doch als sich das Bewusstsein in den Lockdown-Zeiten mehr und mehr um die Wichtigkeit von kulturellen Einrichtungen drehte, ging es doch voran. So weit, dass 2021 Clubs gar als Kulturstätten anerkannt wurden – und das durch einen parteiübergreifenden Beschluss. Doch was ist seitdem passiert? Und wie könnte der Weg aus der Bredouille aussehen?
Die Zahlen sprechen für sich. In der nationalen und internationalen Club-Landschaft sieht es trotz der finanziellen Unterstützung während der Pandemie-Zeiten karg aus. Vom Traditions-Club wie dem Kölner Underground oder der Bochumer Matrix bis zu neuen Einrichtungen wie der ehemaligen Warsteiner Music Hall werden viele Clubs abgerissen, nicht mehr für Konzerte genutzt oder kulturell nur noch sehr rudimentär verwendet.
Und dabei sind die Statistiken schon weit vor Corona bezeichnend: Jeder zehnte Club machte schon zwischen 2009 und 2015 dicht (Statista) – bis 2020 dank die Zahl dann noch extremer (Statista).
Das Thema beschäftigte schon früh verschiedene Institutionen wie etwa LiveKomm, die sechs Jahre lang eine „Rote Liste bedrohter Kultureinrichtungen“ führten. 2018 wurde diese nach einem kurzen Hoch eingestellt.
Der deutsche Kulturrat führte während der Pandemie schließlich „Die Rote Liste 2.0“ ein – jedoch nur mit einer geringen Reichweite und wenigen gelisteten Clubs. Ein anderer Versuch der Bestandsaufnahme ist etwa die BerlinHistoryApp, die über eine interaktive Karte alle mittlerweile geschlossenen Clubs der Hauptstadt zeigt.
Eine zentrale Anlaufstelle oder Informationsgabe gibt es seitdem nicht. Doch die Nachrichten bleiben dieselben:
Die verschiedensten Akteur:innen der Szene meldeten sich bereits in einer Vielzahl von Beiträgen zu Wort. Dabei ordnen sie die Situation sehr unterschiedlich, aber häufig sehr prekär ein. Hier ein Ausschnitt wichtiger Perspektiven:
„Obwohl wir die Pandemie überstanden haben, läuft es nach wie vor nicht rund.“
Pamela Schobeß vom Club Gretchen in der FAZ Tweet
Und das will bei einem Club in Berlin-Kreuzberg schon etwas heißen.
„Es ist wirklich so, dass ich seit Monaten ganz vereinzelt Konzerte habe, die sich tragen.“
Olli Zilk, Betreiber altes Spietal Viechtach im br Tweet
Die Gleichung aus immer kostenintensiveren Konzerten und wenigen Ticketverkäufen geht nicht mehr auf.
„Je spartenspezifischer, desto schwieriger ist es. Kommerzielle Sachen funktionieren, Nachwuchssachen funktionieren nicht mehr.“
Marcel Weber, Vorstandsmitglied Club Commission & Geschäftsführer SchwuZ im rbb 24 Tweet
Marcel Weber weist hier auf die dramatische Lage für junge Künstler:innen hin, die noch schlechter als je zuvor gegen bereits etablierte Namen bestehen können.
„Wir werden hier Insolvenzen bekommen noch und nöcher. Es werden die Großen überleben, die Kleinen sterben.“
Matthias Zöllner, Zöllner Concerts im NDR Tweet
Und genau diesen Gedanken führt Matthias Zöllner schließlich auf die Veranstalter und Austragungsorte weiter – denn auch hier können die Kleinen nur schwer standhalten.
Aber woran liegt das alles? Gerade jetzt, wo die Pandemie doch gefühlt „vorbei“ ist?
Die Symptome sind also nicht von der Hand zu weisen. Aber was sind die Gründe hinter der aktuellen Lage? Diese sind sehr vielseitig und verzahnt – und doch müssen ein paar Bedingungen besonders hervorgehoben werden.
Die Ausgangslage ist also maximal problematisch für die Club-Szene. Aber wie können Akteur:innen dem entgegenwirken und vielleicht doch noch gewünschte Ziele erreichen?
Wer mit Gentrifizierung & verändernden Grundvoraussetzungen zurechtkommen will, muss auf außergewöhnliche Maßnahmen zurückgreifen. Dazu gehört sicherlich auch etwas mehr Marketing-Mut, als man sich das als Club-Betreiber:in mal eben aus dem Ärmel schütteln kann. Ein paar Ideen gibt es aber dennoch:
Als fünftbester Club der Welt (DJMag Voting 2022) braucht man beinahe kein Marketing mehr. Und doch – das Boothaus-Team gibt weiterhin alles. Dazu gehört die eigene Bootshaus-App, in der Fans alles über Events und Artists, aber auch über exklusive Mixes erfahren können. Über diese hier verfügbaren Punkte sollen sich User:innen bald auch bestimmte Goodies sichern können.
Von den wichtigsten Events sind hochwertige Foto-Galerien über die Website und Social-Media-Kanäle abrufbar – und auch sonst muss sich das Bootshaus mit knapp 222.000 Instagram-Follower:innen nicht verstecken. Mit einem zugehörigen Shop inklusive Bootshaus-Merchandise und vielen weiteren Gadgets hat sich das Bootshaus längst von einem Club zu einer Marke entwickelt.
Und das übrigens auch schon während Corona: Da startete das Team nämlich einen Podcast, um im Gedächtnis zu bleiben und hatte mit Lari Luke, David Guetta und Karl Lauterbach die ganz großen Namen im Programm. Die volle Breitseite für Fans.
Natürlich kann nicht jeder Club den Hype-Status des Bootshaus erreichen – schon alleine, weil nicht jedes Genre so zuverlässig zur Tanzfläche lockt wie elektronische Sounds. Der Hamburger Molotow Musikclub geht daher einen ganz anderen, aber nicht weniger zielführenden Weg.
Neben den kultig kuratierten Line-Ups der Konzerte, die die verschiedenen Floors des Clubs regelmäßig füllen, ist auch das Molotow längst zur Marke geworden. Mit T-Shirts, Buttons, Taschen und anderen Merch-Produkten steht der Club exemplarisch für eine Underground-Szene, die noch über den klassischen Weg funktionieren kann. Die Subkultur macht den Spaß auch mit.
Damit das auf Dauer gut funktioniert, sind auch übergreifende Veranstaltungen wie das große Reeperbahn Festival wichtig. Hier können die Besucher:innen die Clubs der Gegend erkunden und dabei bewusst nochmal in den Genuss kommen, wie schön es eigentlich auch mal fernab der großen Bühnen ist.
Was das Reeperbahn-Festival für die Musikbranche ist, bietet das Bäumchen wechsel dich Festival in Dortmund für die lokale Party-Landschaft. Fans können in einer Nacht pro Jahr auf eine Erkundungstour durch gleich 30 Clubs, Bars und Kneipen losziehen und dabei beliebig oft die Location wechseln.
Für den schnelllebigen Zeitgeist die optimale Lösung: Es gibt schier unendliche Auswahlmöglichkeiten & der Club-Besuch wird zum großen Event. Statt als Einzelkämpfer zu performen, lohnt es sich manchmal eben auch, gemeinsame Initiativen ins Leben zu rufen.
Gerade im Spotify-Zeitalter werden Musikgeschmäcker immer diverser, Hypes immer kurzlebiger, Anforderungen an DJs immer größer. Dem Publikum Mitspracherecht bei der Playlist des Abends zu geben – oder zumindest das Gefühl zu vermitteln, es wäre so, ist dabei ein guter Trick.
Über die Seite “Friendly Request” bietet das das Party-Kollektiv King Kong Kicks regelmäßig bei den eigenen Events an. Hier können Besucher:innen vorab eigene Lieblingssongs in eine große Liste eintragen. Alle Teilnehmenden können dann per Like oder Dislike für die Vorschläge abstimmen. Ob sich die DJs am Ende daranhalten? Das lassen wir mal offen. Mehr Partizipation ist heutzutage aber definitiv keine schlechte Idee.
Wer auffällt, gewinnt. Und das klappt vor allem gut mit allem, was gerade bei Social Media läuft. Immer öfter gibt es daher TikTok-Partys, die speziell die Song-Hypes der Stunde auf die Plattenteller bringen. Oder auch High School Musical Partys, die mit Songs der Kindheit von Gen Y und Z zur Mitsing-Feier einladen.
Gerade im Ruhrgebiet wimmelt es mittlerweile von solchen Formaten – und gerade dann, wenn Clubs selbst mit solchen Formaten rauskommen, kann es auch funktionieren. Viele setzen dabei auch auf den großen Hype um Trash TV-Formate und laden die großen Namen der Szene für einen kurzen Besuch ein.
Längst ist es nicht mehr damit getan, die Türen einfach zu öffnen. Gerade um die jüngeren Generationen in die Clubs zu locken, braucht es gut laufendes Marketing – und das vor allem auf den sozialen Netzwerken. Dort mit bekannten Gesichtern, witzigen Ideen oder wenigstens viel Werbung aufzufallen, scheint gerade fast unausweichlich.
Gerade für die Nischen-Clubs bedeutet das eine enorme Kraftanstrengung. Da heißt es deswegen umso mehr Daumen drücken und fleißig in die Clubs ziehen, um weitere Schließungen zu verhindern.
Interessiert an einem Social-Media-Workshop?
Wir bieten Workshops rund um das Thema Social Media an. Einen ganz generellen Einstieg oder zugeschnitten auf eure Marke mit der gewünschten Plattform. Wir freuen uns immer vorbeischauen zu dürfen, um zu helfen.
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