BeReal gibt es eigentlich schon seit 2020, doch erst zwei Jahre später sollte die Social-App richtig durch die Decke gehen. Aber warum klappt das gerade so gut? Was macht die App aus? Und: Wie funktioniert das Ganze überhaupt?
Über 50 Millionen Mal wurde BeReal mittlerweile weltweit heruntergeladen (Quelle: Sensortower). Zum Vergleich: 2020 waren das noch die TikTok-Zahlen (Quelle: Statista) Mit dieser Social-App sollten sich also alle, denen die digitale Welt am Herzen liegt, besser zu früh als zu spät auseinandersetzen. Bevor wir uns anschauen, warum die App überhaupt so erfolgreich ist, aber erstmal ein kurzer Recap, worum es hier genau geht.
Bei BeReal bekommen User:innen jeden Tag zu einem unterschiedlichen Zeitpunkt eine Benachrichtigung und dann zwei Minuten Zeit, ein Foto mit ihren Kontakten zu teilen. Erst nach dem eigenen Upload bekommen sie Zugriff auf die Bilder ihrer Kontakte.
Verpassen User:innen den Zeitpunkt oder brauchen mehrere Versuche, um ein Bild hochzuladen, wird es in der Ansicht vermerkt – zum Beispiel mit dem Hinweis BeLate. Filter, Sticker und andere Features gibt es (bisher) nicht. Dafür aber einen Wiedererkennungswert: BeReals bestehen nämlich immer aus einem Bild der Front- und der Selfie-Kamera. Und auch das ist aktuell noch außergewöhnlich: Öffentliche Profile gibt es schlicht nicht. Wer bei BeReal aktiv ist, postet für seine Kontakte. Und sonst für niemanden.
Und warum wollen das jetzt alle so unbedingt?
Habt ihr noch den Hype und Fall um Clubhouse im Kopf? Bei BeReal könnte der Ausgang der Reise ein ganz anderer sein. Dafür sprechen ganz verschiedene Gründe, vor allem aber die folgenden.
90 % der Social-Media-Nutzer:innen sind sogenannte Lurkers, also reine Konsument:innen (Quelle: NN Group). Sprich: Sie laden keinen Content hoch, interagieren aber auch nicht mit vorhandenen Postings. Das hat ganz unterschiedliche Gründe, hängt aber vor allem mit dem öffentlichen Raum der sozialen Netzwerke zu tun. Was du heute postest, sehen morgen eventuelle Arbeitgeber:innen, das nächste Tinder-Date, der Prof. Eine Sorge, die viele Leute davon abhält, selbst aktiv zu werden. Zwar bieten private Accounts bei Instagram & co davor etwas Schutz – so ganz scheint das aber noch nicht auszureichen.
Bei BeReal gibt es dafür die Möglichkeit, nur mit den eigenen, ausgewählten Kontakten zu interagieren – und andersrum auch nur den Content von ihnen zu Gesicht zu bekommen. Kein Druck von Außen, keine Bewertungen fremder Augen, keine dauerhafte Öffentlichkeit, da die Posts nach 24 Stunden ohnehin verschwinden. Gerade durch die tägliche Erinnerung an das Posten hält man außerdem unweigerlich seine Freund:innen auf dem Laufenden und bleibt in Kontakt.
Bei BeReal soll der Name ein Versprechen sein. Statt Verschönerung durch Filter ist hier ganz klar gewollt, dass ihr euch ungeschminkt, ungestellt und eben nicht makellos ablichtet. Im Kontrast zu Instagram, wo 90% (!) der Frauen Filter nutzen (Quelle: Parliament Report) soll hier vor allem Natürlichkeit und Alltäglichkeit abgelichtet werden. Und das nicht nur im Bezug auf die Optik der Nutzer:innen, sondern auch auf die Motive.
Denn Instagram ist ja vielerorts vor allem ein Raum voller Urlaubsbilder, Hustle-Aufnahmen, teurer Wohnungen, Outfits, Autos. Quasi ein Schaulaufen wie beim Klassentreffen nach 10 Jahren – nur dass man selbst gar nicht unbedingt Teil des Ganzen sein will. Bei BeReal ist durch dieses zwei Minuten-Fenster jedoch der Fokus auf ganz andere Inhalte gelegt.
Mit dem Punkt der Echtzeit durch die tägliche Benachrichtigung bringt BeReal eine Unmittelbarkeit in die Social-Media-Welt, die es lange nicht mehr in der Form gab. Story-Formate werden längst vorab aufgenommen, geschnitten und bearbeitet – dafür ist hier aber keine Zeit. Dadurch gibt es auch nicht das ganze Jahr über Urlaubsbilder und die imposantesten Events zu sehen, sondern auch den Abend auf der Couch oder die Tiefkühl-Pizza.
Nebenbei ist dieser Faktor auch potentiell ein Weg, die Nutzer:innen motiviert zu behalten. Denn durch die Benachrichtigung ist die Erinnerung an einen kurzen Post für zwischendurch regelmäßig auf dem Bildschirm und auch mal die alltäglichen Erlebnisse festzuhalten nur einen Klick entfernt.
Wer wissen will, wie neugierig Menschen sind, möge sich einfach mal an die Ü-Ei-Werbung erinnern. Lange widerstehen können die wenigsten, wenn es um neues Wissen geht – vor allem nicht, wenn es um andere Leute geht. Deutschland nimmt beim Neugier-Index der internationalen Neugier-Studie sogar den ersten Platz ein! (Quelle: Merck Group)
Und dieses Spiel mit der Neugier beherrscht aktuell keine App so gut wie BeReal. Denn das Feature, dass die Bilder der Kontakte erst bei einem eigenen Upload sichtbar werden, verleitet ganz automatisch dazu, selbst etwas hochzuladen. Hinzu kommt der 24-h-Faktor, der ein schnelles Handeln fordert. Das Ü-Ei der Gen Z.
33,25 Milliarden US-Dollar nahm Instagram angeblich alleine in den USA im Jahr 2022 an Werbeeinnahmen ein. (Quelle: Statista ) Das merken Nutzer:innen aber mittlerweile immer mehr, wenn sie durch den Feed oder Stories scrollen und dabei mehr und mehr Werbungen angezeigt bekommen. Das gilt mittlerweile auch für Facebook, TikTok, YouTube, Spotify & co.
Bisher lässt BeReal Werbung außenvor und schafft damit ein fast schon ungewohntes Erlebnis. Hier bekommen User:innen exakt nur das, was sie sehen wollen. Entspannter geht’s nicht.
Mit so viel Rückenwind und so vielen User:innen lässt es sich schonmal in die Zukunft schauen. Und da muss sich das Team von BeReal ein paar, teils ziemlich anspruchsvolle Fragen beantworten.
Wie auch immer die Antworten ausfallen – es bleibt spannend. Und neugierig, wie wir sind, bleiben wir natürlich am Ball.
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